Watt, war los 16.-18. September 2022
- Details
- Veröffentlicht: 21. September 2022
Watt,is los 3.0?
Ein Bericht von Siggi Bender, viel Spaß beim Lesen.
Euer Fahrtensegelwart – Marcus Kleinke
Watt, war los 16.-18. September 2022
Nicht umsonst heißt es, der erste Tag ist der schwierigste.
Wir waren alle bestrebt, nicht nur pünktlich, sondern auch frühzeitig am Liegeplatz der Mars, dem Großsegler aus der braunen Flotte, anzukommen. Natürlich hat das nicht bei allen funktioniert. Schon gar nicht bei mir. Glücklicherweise hatte ich drei Elfen im Auto, die mich immer wieder auf den richtigen Weg gebracht haben. Trotzdem wäre es echt schwierig geworden, den richtigen Platz, in jeder Hinsicht, ohne Marcus zu finden. Daher gehört ihm unser aller Respekt.
Im windigen Harlinger Regenwetter schafften wir Gepäck und Mannschaft auf das Schiff, parkten die Autos, und starteten voller Vorfreude in den ersten Abend unseres Segelabenteuers.
Gegen 21:00 Uhr wurden wir von Skipper Marco über die Risiken des Starkwindsegelns mit großen Schiffen und einer schwachen Crew aufgeklärt. Der Wind drückte mit hohen 7, in Böen über 8 Beaufort, in den Hafen und ließ sogar die im Päckchen liegenden Großschiffe ordentlich schaukeln. Der Skipper hatte starke Bedenken, bei einem solchen Wind hinauszufahren und deutete an, dass wir möglicherweise im Hafen liegen bleiben würden.
Das leckere Abendessen und der gemütlich fröhliche Abend nahmen für uns gefühlt gut 4 Beaufort Wind weg. Wir lernten uns bis in den frühen Morgen untereinander kennen.
Nach dem opulenten Frühstück am nächsten Morgen, beschloss der Skipper, noch zwei Stunden mit seiner Entscheidung, Segeln oder nicht, zu warten. So war für einige auch noch ein Bummel durch das schöne Städtchen Harlingen möglich. Nach dem darauffolgenden Brunch wollten wir losfahren. Der Plan änderte sich jäh, als das Schiff, an dem die Mars angelegt hatte, sofort losfahren wollte. Mit vollen Backen und großen Augen sahen wir aus den Fenstern, dass unser Schiff plötzlich unterwegs war.
Nur wenige Augenblicke später stand eine voll funktionierende Crew an Deck. Maat Anita und Skipper Marco teilten die Mannschaft auf und gaben uns einen Crash-Kurs im Bedienen des Schiffes. Es regnete und der Wind peitsche weiße Schaumkronen über die Wellen. Andere Schiffe, die wir sehen konnten, hatten nur die Fock hoch. Skipper Marco traute uns wohl mehr zu und ließ uns das gereffte Großsegel setzen. Während wir draußen auf Deck Spaß an der beachtlichen Schräglage hatten, die das Schiff jetzt schob, erlebten Vincent und der kleine Tijs mit ihren Müttern im Salon des Schiffes ein ganz anderes Abenteuer. Das Schiff ächzte laut unter der Belastung. Barhocker und Stühle schoben sich quer durch den Raum, stürzten um und blieben verkeilt liegen. Eine Blumenvase rutschte von der Theke, knallte auf den Boden und verteilte die Blumen um sich.
Kurz vor der Schleuse ins Ijsselmeer holten wir die Segel ein. Vor uns war noch ein Großsegler im Becken vor der Autobahnbrücke. Da die Brücke trotzdem nicht öffnete, entschloss sich der Skipper anzulegen. Dicht am Anleger sprang Jens dynamisch von Bord und rannte den Steg auf und ab, um die dicken Festmacher über die Poller zu legen. Mitten in diesem Manöver erreichte ein drittes Schiff das Becken - und die Autobahnbrücke öffnete. Nun wurde es hektisch. Leinen los und Schub auf den Motor. Aber die Idee hatte sich nicht bis zum Vorschiff durchgesetzt. Hier war die Leine noch fest. Mit einigem hin und her und lautem hektischen Rufen hatten wir endlich auch diese Leine an Bord, hatten dafür aber einen Mann verloren. Der Abstand zum Schiff war zu groß gewesen, um den Sprung auf das Schiff zu wagen. So fuhren wir durch das Fahrwasser der Autobahnbrücke und erreichten schließlich die Schleuse. Jens hatte wir aus den Augen verloren und nur noch gesehen, dass er in Richtung der Brücke losrannte. Er erreichte uns in der Schleuse unter großem Hallo punktgenau, um seine Arbeit des Leinenlegens wieder aufzunehmen. Diesmal aber hatten wir ihn beim Losfahren an Bord. Erst jetzt erfuhren wir, welche Situationen er meistern musste.
Jens wusste, dass er auf eine Autobahn zulief, auf der der Verkehr nur so lange stand, wie die Brücke offen war. Also rannte er los. Am Ende des Steges, vor der Autobahn, stoppte ihn eine Baustelle mit dazugehörigem Bauzaun. Eilig und mit ordentlichem Krafteinsatz öffnete er den Zaun, schlüpfte hindurch, schloss ihn wieder und rannte zur Autobahn. Die Brücke begann bereits, sich zu schließen, als er mutig die erste Leitplanke, die Fahrspuren für die eine Richtung, die beiden Mittelleitplanken, die Fahrspuren für die andere Richtung und die gegenüberliegende Leitplanke überwand. Hier stand er jetzt genau vor dem Zaun, der Leute davon abhält, dass zu tun, was er gemacht hatte. Das Niedrigwasser gab ihm aber die Möglichkeit, dicht am Wasser, um den Zaun herumzuklettern und zur Schleuse zu gelangen. Wir hörten seine Geschichte und stellten uns die Verkehrsmeldungen vor: "Niederlande. Auf der Autobahn A7, in Höhe Korwerderzand rennt ein Mann mit Schwimmweste auf der Autobahn. Fahren Sie bitte in beide Richtungen vorsichtig. Wir melden uns, wenn die Gefahr vorüber ist."
Aber wir waren heilfroh, ihn wieder bei uns an Bord zu haben.
Am Nachmittag legten wir in Makkum an. Jeder der den Anleger kennt, weiß natürlich, dass man von dort zum Ortskern noch gut zu laufen hat. Trotzdem besuchten fast alle den Ort. Zum gemütlichen Abend waren alle wieder da. Spiele wurden ausgepackt und das Lachen begann. Das hervorragende Abendessen, gekocht von Michaela, machte nicht nur uns satt und zufrieden. Ich hatte den Eindruck, dass wir dem Skipper langsam sympathisch wurden. In zwei Tagen ist so etwas gar nicht so einfach. Maat Anita mochte uns bereits auf dem Meer. Auch dieser Abend behielt seine Fröhlichkeit bis in die Morgenstunden. Es war wunderbar.
Bei dem mittlerweile gewohnten opulenten Frühstück stellte wir gemeinsam mit dem Skipper fest, dass ein Auslaufen unmöglich war, und wir mit Taxi zurück nach Harlingen fahren mussten. Nein, Quatsch! Der Wind kam genau von vorne und machte ein Segeln aufgrund der engen Fahrrinne unmöglich. So waren wir unter Motor unterwegs. Und hier bestätigte sich die Vermutung mit der Sympathie. Einen großen Teil der Strecke stand Jens am Steuer des Großsegler und steuerte uns gut und sicher nach Harlingen. Das Anlegen unter starkem Wind und bei Regen erledigte freilich der Skipper selbst. Ein letztes gemeinsames Essen, dann wurde eingepackt und klarschiff gemacht. Nachdem wir die Autos geholt und alles verstaut hatten, blieb nur noch der Abschied und die Fahrt nachhause. Ich war froh, dass wir nicht allein fuhren, sondern das Auto voll, also eine Crew hatten. Denn genau das war es, was das Wochenende unvergesslich schön gemacht hat, die Zusammengehörigkeit, die Einigkeit in der Mannschaft, die CREW. Das Einzige was mir dazu noch einfallen würde, ist der Spruch der Musketiere: "Einer für alle! Alle für einen!". In diesem Sinne - jederzeit wieder. Siggi Bender